Spuren im Sand

Endlich waren wir wieder unterwegs! Ja im Pause machen sind wir wirklich schlecht, denn vorankommen fühlt sich einfach so gut an.
Selbst nach mehr als 3000 Kilometern sind wir immer wieder beeindruckt wo man mit einem Fahrrad und Muskelkraft überall hin kommen kann. 
Das Knie hielt sich mit Schmerzmitteln wacker und so arbeiteten wir uns in den nächsten Tagen mit 30 Kilometer Etappen aus den Bergen vor. Jeden Abend suchten wir nach Knie freundlicheren Methoden mit Fahrrad in Richtung Deutschland zu gelangen und merkten schnell, dass unser Tandem kaum zu transportieren ist. Bei genauerer Recherche stellten wir nämlich fest, dass es zwar Fährverbindungen von Stockholm nach Danzig und Ventpils gibt, allerdings von dort keine nach Deutschland. Sämtliche ehemalig existierende Linien sind in den letzten Jahren/Monaten eingestellt worden. Fliegen ist einfach zu billig geworden. Sehr schade, denn Fähre fahren war mit unserem Fahrrad noch nie ein Problem.
Lediglich über Helsinki könnten wir mit der Fähre nach Deutschland gelangen, das ist aber ziemlich teuer. Genauso wie mit einem Frachtschiff zu reisen.
Nicht nur das Knie sondern auch das Heimweh nach "richtigem" deutschen Brot und die fehlende Neugier auf Südschweden (schließlich ist uns beiden das aus vergangenen Urlauben schon bekannt) führten dazu, dass wir es nicht für richtig hielten die ca 1000 Kilometer ab Stockholm bis Trelleborg zu fahren.
Noch waren wir ca 350 Kilometer von Stockholm entfernt und auch nach Göteborg zur Fähre radeln kam für uns nicht wirklich infrage, da es nicht nur weit sondern auch recht bergig wäre.
Die schlimmsten Berge hatten wir nämlich endlich hinter uns gelassen und wir genossen die immer flacher werdende Landschaft sehr.
Der Plan der übrig blieb und uns auch am besten gefiel, war von Stockholm mit der Fähre nach Danzig über zu setzen und von dort per Bahn oder Rad die 300 Kilometer bis Stettin zurück zu legen. Von wo wir mit dem (deutschen) Regionalzug nach Berlin und von dort nach hause fahren wollten.
Nach einigen Telefonaten stand dann leider fest, dass wir auch in Polen mit unserem Tandem kein Zug fahren dürfen.
Also werden wir wohl noch einmal durch Polen radeln und ja, wir freuen uns drauf. Genauer gesagt auf das gute Brot, die billigen Preise, die flache Landschaft und die spannendere Kultur. 
Dies mal werden wir allerdings nicht an der Küste entlang radeln, sondern von Danzig die kürzeste Route durchs Land nach Stettin nehmen.
So viel nun zu unseren Reise-, beziehungsweise Heimreiseplanungen.
Natürlich haben wir auch noch ein paar Dinge erlebt in den letzten Tagen.
Unter anderem hatten wir in Sundsvall endlich unseren ersten Warmshowers Gastgeber im Ausland. Wir hatten zwar immer wieder Leute angefragt, aber nie eine Zusage erhalten. Wir kamen schon am frühen Nachmittag in Sundsvall an und erlebten so die ausgiebig feiernden frisch gebackenen Schulabgänger. Diese fuhren auf blau gelb und mit Birken geschmückten Lastwagen durch die Innenstadt, begleitet von lauter Musik und wohl auch einigem Alkohol. Dabei durfte auf jedem Kopf die Schirmmütze im Kapitänsstiel nicht fehlen!
Anscheinend ist dieser "Gratulationstag" in Schweden tief verwurzelte Tradition und uns fiel vorallem auf, dass ein solcher Tag in Deutschland sicher nicht mit Nationalflagge gefeiert wird. Hier waren die Schwedenfarben dagegen allgegenwärtig, zum Beispiel auf den Plakaten mit Kleinkinderfotos der Abgänger, die von stolzen Eltern getragen wurden.
Abends sammelte uns unser Gastgeber Emil per Rad in der Stadt ein und nach dem wir gemeinsam für Ofengemüse eingekauft hatten betraten wir Emils kleine Einzimmerwohnung.
Nun wurde gemeinsam gekocht und  während das Gemüse im Ofen brutzelte genossen wir es unter der warmen Dusche mal wieder richtig sauber zu werden. 
Emil war ein super netter Gastgeber, der um uns auf dem Sofabett schlafen zu lassen sich selbst eine Matratze auf den Boden legte. Wir tauschten Fahrradgeschichten und bewunderten sein Velomobil, ein voll verkleidetes Liegetrike mit dem er in seiner Freizeit Langstreckenrennen fährt.
Am nächsten Morgen begleitete er uns, da seine Arbeit auf dem Weg lag, zu unserem Radweg und verabschiedete sich dann schweren Herzens, denn es war ein wunderschöner Tag, und fahrradfahren sicher die bessere Beschäftigung als arbeiten.
Entlang des Kustvägens kamen wir an vielen schönen Raststellen vorbei, so dass wir immer wieder pause machen mussten um die Natur zu genießen. So machten wir einige Libellenfotos an einem See, wobei wir beide immer ungeduldig warteten um selbst die Kamera zu bekommen. 
Als wir unsere Mittagessenspause an einem kleinen Stand an einem anderen See machten, entdeckten wir im Sand die Spuren eines Braunbären. Obwohl 1km vorher an der Straße ein Schild vor Bären warnte waren wir uns erst noch sehr unsicher ob die Fußspuren wirklich zu einem Bär gehörten. Das Internet verschaffte uns später allerdings Gewissheit und wir waren ganz froh nur die Spuren und nicht den Bär selbst getroffen zu haben.
Später am Abend fuhren wir noch an einem für die "Studentenparty" blau gelb geschmückten Haus vorbei, wo die Familie mit Gästen gerade gemütlich beim essen saß. 
Ein Erlebnis, dass wir immer noch nicht richtig einordnen können ist ein Fund, den wir im Straßengraben eines Waldweges machten. Dort lagen zwei Kuhköpfe bestehend aus Knochen und Fell und wurden von Fliegen umkreist. Wer diese hier abgeladen hat, können wir uns echt nicht erklären. Schnell fuhren wir weiter um dem Geruch zu entgehen. 
In dem nächsten Tagen gewannen wir wieder am Reichweite, denn Haukes Knie besserte sich und wir bekamen wieder mehr Zuversicht für die noch bevorstehenden Kilometer.
Die Tage gingen schnell dahin und das Wetter war angenehm warm und Sonnig, mit 20 Grad sogar richtig heiß für uns (wir sind in dieser Hinsicht langsam echte Skandinavier).
Ja und dann spielte uns das Wetter eines Abends einen richtig fiesen Streich. Wir hatten gerade einen Ort gefunden wo wir Zelten wollten und beobachteten bei schönster Nachmittagssonne wie Ameisen in Rekordtempo ihre Eier in den Bau transportierten (wir hatten einen Stein umgedreht) als Viola plötzlich merkte, dass sehr Schwarze Wolken im Anmarsch waren. Also schnell Zelt aufbauen war unsere Reaktion, die sich noch als falsch herausstellen sollte. Denn als wir mitten im Aufbau waren kam ein starker Wind auf, der uns davon abhielt das Überzelt zu befestigen. Gleichzeitig setze ein Sturzregen ein und machte binnen kürzester Zeit alles Nass. So schnell das Wetter gekommen war, so schnell war es auch vorüber. Es abzuwarten wäre wohl die deutlich bessere Umgangsform gewesen. Immerhin konnten wir das Meiste im anschließendem Sonnenschein wieder trocknen. 
Nach 1000 Kilometern Schweden ist es uns immer noch nicht gelungen einen Elch zu sehen, aber die Begegnung mit einem Reh mitsamt zwei kleinen Rehkitzen kann uns nun darüber hinweg trösten.